„Über Gewalt berichten“

Über Gewalt berichten
Animation 2014

25 min

Konzept
Wolf Böwig, Christoph Ermisch

Sprecher
Moritz Stoelpe

Musik
Michael Kusmierz

Foto
Wolf Böwig

Illustration
David von Bassewitz
Benjamin Flaó
Dieter Jüdt
Thierry van Hasselt
George Pratt
Stefano Ricci
Danijel Žeželj

Text
Pedro Rosa Mendes

Umsetzung
Christoph Ermisch

Synopsis „Über Gewalt berichten“

Srebreniza, Ruanda, Monrovia … in der schwarzen Nacht eines Jahrhunderts der Völkermorde, wie Susan Sonntag unsere Zeit genannt hat, berichten Journalisten von Krieg und Gewalt. Pedro Rosa Mendes (Text) und Wolf Böwig (Foto), haben gemeinsam an  den Schauplätzen der westafrikanischen Bürgerkriege des Charles Taylor als Reporter gearbeitet.  Verdammt zur passiven Zeugenschaft, drängen sich ihnen elementare Fragen auf: Wo liegen die Grenzen des Verstehens? Wie von Krieg und Gewalt berichten ohne abzustumpfen? Wie angesichts alptraumartiger Massaker ein Mensch bleiben?

Gewalt kennt sie nicht, doch das Reden über sie sehr wohl: Grenzen. Von diesem ungleichen Verhältnis handelt „Über Gewalt berichten“. Wie nähern wir uns maßlosen Brutalitäten, die sich unserer Erfahrung entziehen und zugleich unausweichlicher Bestandteil unserer globalisierten Welt sind? Konventionen des Zeigens und Sprechens machen Gewalt im medialen Alltagsgeschäft erträglich, konsumierbar. Diese Animation hält sie uns hingegen nicht vom Leib, ohne allerdings die Schläge, das Gemetzel und den Sadismus selbst zu dokumentieren. Sie durchdringt uns mit ihrer Intensität, indem sie das Sichtbare als Schleier der eigentlichen Gewalt vorführt.

Geleitet wird unser Blick durch die eingesprochenen Reportagen über die Bürgerkriege unter dem Regime von Charles Taylor in Westafrika. Zusammen mit den Fotografien bildeten sie die Grundlage des Projekts Black.Light, in dem Illustratoren exemplarische Geschichten mit Collagen und eigenen Bildern erzählt haben. Die Animation führt durch zwei dieser Geschichten und verbindet die verschiedenen Ebenen des Berichtens über Gewalt zu einer eigenständigen Montage aus Bild und Ton. Entstanden ist eine höchst innovative Dokumentation zum Wesen des Traumas als „lang anhaltendem Nachklang eines schmerzvollen Echos“, wie es Mendes notiert hat.

Mit seiner Komposition der Texte und Bilder fragt die Animation vor allem, was nach der Gewalt bleibt und Zeugenschaft mit den Menschen macht: Morie, der einzige, sprachlose Überlebende eines Massakers; Mendes und Böwig, Ohrenzeugen einer Gewaltszene im nächtlichen Hotel Florida; und auch immer wieder im Bild die Täter, die Medien, letztlich auch wir als Betrachter. „Über Gewalt berichten“ führt uns mit dem Kaleidoskop des überlieferten Grauens in eine Aporie: Die Opfer vergessen zu machen, gehört zum Völkermorden, an sie zu erinnern ist eine humanitäre Aufgabe, um den Tätern nicht den ganzen Erfolg zu überlassen. Und doch kommt jeder Bericht zu spät. Das gilt es, als Echo dieser nachhallenden Animation auszuhalten: Wir verstehen vielleicht nicht die Gewalt besser, aber unseren Wunsch, die Augen und Ohren vor ihr zu verschließen.

Klaus Blanc, Habbo Knoch